[Leere]

Langweilig. Rumliegen ist langweilig. Rumsitzen nicht ganz so, weil geht eh nicht mehr lange. Rumstehen: Auch langweilig. Rumlaufen: Nicht so langweilig, aber geht auch nicht mehr lange.

Das Telefon klingelt. „Warte, ich kann schon gehen“, sagt der Mann. – – Ich stehe auf, gucke. – – Nee. Keinen Bock, dran zu gehen. Davon, dass Ihr alle zwei Tage anruft, kommt das Kind nicht schneller. Und ich habe nichts mehr zu erzählen. Und WAS BITTE soll ich noch auf die Frage „WIE GEHT ES DIR?“ antworten? Ja. Gut. Danke. Eigentlich war’s selten ganz scheiße. Aber ich hab‘ keine Lust, Euch jedes Wehwehchen auszubreiten. Das ist lächerlich. Mir geht es gut. Ich habe nur keine Lust mehr. Keine Lust mehr, Fragen zu beantworten, wie es denn so geht (s.o.), wie es denn so ist (anstrengend), ob ich mich freue (blöde Frage), was ich so mache (nichts, weil mehr geht kaum) und ob die Namensfrage jetzt geklärt ist (ja, aber darüber spreche ich nicht mehr). Darum gehe ich nicht immer ans Telefon und beantworte SMS und andere Instant Messages (nennt man das noch so?) auch nur noch, wenn mir mal danach ist. Wenn der Humor gerade mal für einen Moment zurück ist. Meistens will ich aber nur sagen: Lasst mich doch in Ruhe. Und dann tut es mir leid, weil es liebe Menschen sind, die es gut meinen, die neugierig sind, interessiert, was so abgeht kurz vor der Geburt. Das ist ja total nett. Aber immer die gleichen Fragen, immer das gleiche Thema – es reicht mir halt einfach. Denn ICH beschäftige mich notgedrungen sowieso permanent damit. Weil’s drückt und zieht und tritt und mich in meiner Beweglichkeit einschränkt. Ich KANN also gar nicht groß anders, als immerzu daran zu denken. Und wahrscheinlich gibt es für die nächsten Wochen und Monate auch immer nur das gleiche Thema, das ist ja das Schlimme. Und dann vermutlich definitiv ohne Langeweile.

„Ja – mach‘ doch was Schönes“ – „Etwas, was Du schon lange mal machen wolltest, als die Freizeit gefehlt hat“. Wenn ich nur KÖNNTE! Jedes Hinsetzen ist schwierig. Jedes Aufstehen ist schwierig. Jedes Lange-auf-den-Beinen-sein aber auch. Jedes Anziehen, Umziehen ist schwierig. Ich habe diese Woche die Holzreste vom abgebauten Hochbett vom 3. Stock in den Keller geschleppt, weil ICH NICHTS ANDERES MEHR ZU TUN HATTE. Das sollte man in Schwangerschaftswoche 39 nicht mehr tun. Aber was sonst? Das Kinderzimmer ist ja nun mal fertig. Das Babybett auch endlich da. Alles, was wir ausmisten konnten, ist ausgemistet. Spülmaschine aus- und wieder eingeräumt. Wäsche gewaschen (Maschine steht im Keller – egal), aufgehängt, gefaltet. Die Kleiderschränke sind erstaunlich voll ausnahmsweise. Trotzdem passt mir keine Hose mehr. Naja, nur noch eine wirklich. Wenn ich also vor die Tür möchte, sollte die eine gewaschen und trocken sein. Eine Hürde mehr. Ja, ich könnte sogar raus gehen, denn diese eine temporäre Lieblingsjeans ist gerade frisch gewaschen und liegt quasi ausgehfertig im Schrank. Aber es ist ganz blödes Wetter. Und Autofahren? Auch nicht mehr soo spaßig. Weil der Sitz die Leistengegend so einengt. Und damit den Kopf meines Kindes. Ja, ist nun mal so.

Ich hoffe gerade ein bisschen darauf, endlich die (voraussichtlich nicht ganz einfache und vermutlich vom Ausmaß eher einer Doktorarbeit gleichende) Masterarbeit meiner lieben Freundin Korrektur lesen zu können – aber die ist wohl noch nicht so ganz fertig. Sonst hätt‘ ich sie ja schon bekommen. Und nachfragen tu‘ ich bestimmt nicht – denn davon kommt sie ja auch nicht schneller.

Ja, ich lösche Facebook-Freunde

[Oh Gottogott, und jetzt die Hemmung vor dem ersten RICHTIGEN Beitrag. Ich habe Schiss. Dass es jemand in den falschen Hals kriegt. Aber ich will, dass es nicht nur im Verborgenen bleibt. Denn das muss mal gesagt werden…]

Ja, ich lösche Facebook-Freunde

Ob Ihr es glaubt oder nicht: Es ist ein befreiendes Gefühl.

Ich habe diese Neurose, gerne leere Packungen wegzuschmeißen. Wenn die Haarspray-Flasche nur noch schwächelnd „Pffffff…“ macht, aber nix mehr rauskommt – ab in die Tonne. Wenn eine Schinkenpackung leer ist: Sehr gut, kann nichts mehr schlecht werden. Packung in den Müll. Ein bisschen schäme ich mich manchmal dafür, weil ich so umso bewusster Müll produziere (und ich tu‘ es auch noch gerne!). „Wegwerfgesellschaft“ schießt es mir durch den Kopf. Und ich bin ein Teil davon. Immerhin ist es ein halbwegs besseres Gefühl, ausgediente Kleidung noch in den Altkleidercontainer schmeißen zu können – ich will auch lieber nicht wissen, was genau dann damit passiert. Aber es ist eben nicht gleich „für die Tonne“. (Eine liebe Bekannte sagte letztens zu mir, sie kaufe bei manchen Dingen sogar lieber kleinere Packungen, damit sie sie auch wirklich leer machen und anschließend genussvoll wegschmeißen kann. Soweit ist es bei mir nicht. Aber ich wusste plötzlich, dass ich nicht alleine bin…)

Ebenso muss ich regelmäßig zuhause ausmisten. Das ist kein wirklicher Zwang – und mit Vollzeitjob, Vollzeithobby, Vollzeitfreund und so weiter ist das in den letzten Jahren sehr selten geworden. Aber ab und zu, wenn der frühmorgendliche Blick noch wach werdend durch das Zimmer träumt (ja, das Schlafzimmer ist tatsächlich das unaufgeräumteste), sticht mich an manchen Stellen der Gedanke: „Boooah, den Scheiß können wir aber nun wirklich mal verschenken/verkaufen/wegschmeißen“ und: „Oh mann, diese Kram-Ecke soll mal frei werden“. Genau. FREI. Das ist das Gefühl, das sich einstellt, wenn der Kram dann endlich weg ist. Möglichst wenig Zeug besitzen ist sowieso immer das allerbeste. Ich kann gut aufräumen und ich kann gut wegschmeißen. Mich gut von Dingen trennen, die nicht mehr zu meinem Leben gehören. Zeitweise geht dabei natürlich auch ein wenig an Werten bei über den Jordan – das schmerzt mich dann auch wieder, weil ich eigentlich dauerpleite bin und gerne für das ein oder andere „gut in Schuss“-Teil noch etwas in return gekriegt hätte. Aber ganz ehrlich: Dieser kleine Schmerz ist nichts gegen das Gefühl des Sich-von-etwas-frei-machen. Also weg damit.

Naja – und Daten gehören eben auch dazu. Ganz ehrlich: Menschen, mit denen ich bei Facebook „verbunden“ bin, sind ja deshalb noch lange nicht meine Freunde. Viele sind doch nach langer Zeit nicht mehr als Daten. Natürlich kann es sein, dass ich sie irgendwann nochmal kontaktieren möchte und natürlich kann es sein, dass sie das mit der Freundschaft anders sehen. Aber mal im Ernst: Warum sollte ich künstlich eine so genannte Freundschaft bestehen lassen mit Menschen, die ich vor fünf Jahren im (sowieso nur halbherzig gelebten) Auslandssemester kennen gelernt habe, und welche spätestens ein Jahr danach wieder aus meinem Alltag verschwunden sind? Möglicherweise klingt das für den ein oder anderen jetzt hartherzig oder radikal oder was auch immer. Kann sein, dass ich das etwas radikal sehe, ja, meinetwegen. Und natürlich hoffe ich jetzt, im Hinterkopf, dass sich gerade, beim Lesen, niemand hier auf den Schlips getreten fühlt, weil er/sie entdeckt, dass ich ihn/sie „entfreundet“ habe. Aber wie gesagt: Ich halte das für künstlich. Menschen in einer Kartei zu haben, die man eigentlich überhaupt nicht mehr kennt. Wofür brauche ich dann die Kartei? Facebook ist eh nicht zu besonders viel zu gebrauchen, aber ich finde es in Ordnung, mit Freunden und Bekannten darüber verbunden zu sein, wenn ich regelmäßig mit ihnen interagiere oder sie mir aus irgendeinem anderen Grund wichtig sind. Denn während ich eben bestimmte Menschen nach einem Jahr wieder aus der Kartei gestrichen habe, gibt es andere Menschen, mit denen ich aber auch nicht (mehr) regelmäßig zu tun habe, die ich aber schon ewig und drei Tage kenne. Mit denen ich wertvolle Zeiten meiner Kindheit und Jugend verbracht habe. Das verbindet eben doch.

Das könnt Ihr jetzt gut finden, oder auch nicht. Ich distanziere mich eben nur sehr von dem Prinzip, Facebook-Freunde zu „sammeln“. Das finde ich unnatürlich. Und wenn man sich irgendwann aus Gründen unbedingt wiederfinden muss – dann, glaube ich, kriegt man das auch irgendwie hin. Oder man läuft sich eben wieder über den Weg. Denn bekanntlich trifft man sich ja immer zweimal im Leben. Im Leben, sage ich – nicht auf Facebook.

Achja, nicht dass es jemand falsch versteht: Ich möchte nicht sagen, dass das Leere-Packungen-Wegschmeißen gleichzusetzen ist mit Freunde-loswerden. Um Gottes Willen! Aber Facebook – echt mal – das ist ja wohl nur eine Datenbank und der „Freunde“-Begriff ist hier ja mal was komplett anderes als im echten Leben. Das wisst Ihr ja alle, oder?