Übersorge

oder: Macht Euch mal locker…

Warum müssen sechs Monate alte Babies zum Physiotherapeuten, warum sollen Kleinkinder in fest gelegten Zeiträumen singen und klatschen und musikalisch „früh erzogen“ werden? Und warum brauchen wir Schlafberaterinnen für Babies, Beikostkurse für Erstlingseltern und andere „Betriebsanleitungen“?

Dass es diese Angebote gibt, ist per se nicht schlecht, das würde ich gar nicht sagen –

Aber ist es nicht so, dass uns Eltern zu Beginn (sprich wenn Kind Nr. 1 unterwegs ist) einfach grundsätzlich ans Herz gelegt wird, diesen Kurs und jenes Seminar zu besuchen? Warum eigentlich genau?

Vielleicht, weil „man das so macht“ (ohne zu hinterfragen), vielleicht, weil man (= Eltern… wobei, v.a. Mütter, um ehrlich zu sein) nicht ganz sicher ist, ob man ohne Kurs so klarkommt, vielleicht, weil man sich sonst allein gelassen fühlt, so ganz ohne das überlieferte Wissen in der Großfamilie, ohne kinderreichen Freundeskreis, was weiß ich.

Meine These ist: Wir sind verunsichert, WEIL es dieses riesige Kursangebot gibt. Damit will ich nicht sagen, dass es prinzipiell Geschäftemacherei ist, einen Beikostkurs o.ä. anzubieten – wer eigentlich die wirkliche Zielgruppe ist / sein könnte, dazu später – aber mal im Ernst: Haben wir unseren gesunden Menschenverstand eigentlich begraben? Das Selbstvertrauen komplett verloren? Ich meine – von wem lernen wir in unserer Jugend denn z.B. kochen? Vermutlich in den meisten Fällen von unseren Eltern. Und vielleicht aus Rezepten.

Wieso können wir das Zubereiten von Babynahrung nicht auch so lernen? Es sei ja Jedem selbst überlassen und ich will niemanden verurteilen, weil er/sie einen Babykurs besucht. Ich habe nur mal die Überlegung angestellt, welche Kurse wirklich nötig waren und welche wir uns hätten sparen können. Nicht, weil sie womöglich schlecht waren, sondern, weil mir mehr und mehr klar geworden ist, dass ich mir die paar Informationen, die ich vor dem Kurs noch nicht hatte, sehr leicht auch selbst hätte aneignen können (Denken/Freunde fragen/Internet…)

Gut – das lässt sich im Nachhinein immer leicht sagen. Dennoch glaube ich, sollten wir uns nicht so irre machen lassen, nur weil die es diese ganzen Angebote gibt. Hat vielleicht auch etwas damit zu tun, dass wir als gebildete Städter eben a) generell die Möglichkeiten haben und b) vor uns selbst einen gewissen Anspruch haben, alles richtig und gut machen zu wollen. Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf (sic!) – wo es eben nicht so viele dieser Angebote gibt. Ein paar wenige meiner Bekannten, die eben nicht gerade in einer Großstadt Kinder aufziehen, kommen irgendwie auch ohne den ganzen Kurs-Kram klar – und machen sich offenbar auch gar nicht so große Gedanken darum, dass es anders sein sollte.

Meine Meinung: Ein bisschen mehr SELBSTvertrauen für die ein oder andere in diesem ganzen großen Kinder-Thema wäre vielleicht ausreichend. Dafür müsste vielleicht auch die Gegenwart von Kindern generell in der Gesellschaft (wieder) ein bisschen selbstverständlicher werden… aber das ist ein anderes Thema.

Hier mal meine eigene Liste, um eine Bilanz zu ziehen – chronologisch… Es fängt ja schon lange vor der Geburt an:

Schwangerschaftsyoga (wöchentlich, 10 x hintereinander)

Ja, war nett. Ich bin generell glaube ich nicht so der Yoga-Typ bzw. kann ich damit auch nicht auf Knopfdruck entspannen. Die Bewegung tat der Kugel auf jeden Fall gut – meistens – aber Schlaf oder einfach Ruhe wäre vermutlich nach einem langen Arbeitstag genauso wirksam gewesen. Nun habe ich glücklicherweise bewegungstechnisch auch grundsätzlich keine Probleme und habe bis zur 30. Woche regelmäßig auf dem Pferd gesessen – andere Menschen können da vielleicht etwas mehr mit Yoga anfangen. Moderates „in Bewegung bleiben“ ist jedenfalls prinzipiell richtig, denke ich.

Geburtsvorbereitungskurs (Wochenend- „CrashKurs“)

Ja, war sehr gut, auch hilfreich – keine Frage. Das war aber so ziemlich der einzige Kurs, der sich voll gelohnt hat.

Rückbildungskurs (wöchentlich, 6 x in den ersten 3 Lebensmonaten)

Zu früh, zu unruhig (weil jedes Mal mit Kind). Rückbildungsgymnastik /-sport ist auf jeden Fall richtig und wichtig, bei der Kursauswahl hätte ich allerdings jetzt anders gehandelt (ohne Kind, intensiver, länger).

Babymassage (wöchentlich, 5 x in den ersten 3 Lebensmonaten)

Für uns völlig nutzlos. Die Massage war meiner Tochter ziemlich egal, wenn sie nicht gerade geschrien hat – was wiederum mich ziemlich Nerven gekostet hat. Spätestens an dem Punkt, an dem sie sich einfach weg gedreht und ihr eigenes Programm gemacht hat, war die Teilnahme eigentlich hinfällig.

Osteopathie

– das nehme ich jetzt mal so in die Liste, weil es ein Punkt war, den „man so macht“ als besorgte Erstlingseltern und für den es eigentlich keinen triftigen Grund gab… –

Einen Termin bei der Osteopathin haben wir nach ca 3 Monaten wahrgenommen. Warum? Keine Ahnung.
Krabbelgruppe A (nach Emmi Pikler) (wöchentlich, 10 x hintereinander)

Also – hier geht meine Kritik los…

Völlig übertrieben. Eingestiegen bin ich auf einen Tipp hin „…das ist total nett“. Ja, in Ordnung – ein bisschen Austausch ist wichtig, gerade am Anfang und wenn man Newbie ist. Aber bitte nicht so ideologisch (Bewegungsfreiheit, nackte Kinder – gerne. Aber kopierte Auszüge aus einem Lehrbuch zu Emmi Piklers Lehre und das als Hausaufgaben… das brauche ich doch nicht wirklich, oder? Ich mach‘ doch hier kein Studium).

Und: Bitte nicht als Verkaufsveranstaltung (wie hieß nochmal dieser Gummi-Löffel, den man uuuunbedingt braucht? Ich konnt’s gar nicht glauben, dass mindestens die Hälfte der Mutties in der Gruppe ihn für € 2,50/Stück (!) erstanden haben…). Achja, es wurden auch noch Flyer verteilt. Unter anderem solche von einem Start-up, das sich damit rühmte, Selbstgekochtes für Babies nach Hause zu liefern. Also quasi die Gemüsekiste, nur eben schon fertig gekocht. Etwas absurd.

Ach, und wenn mein Kind auf dem Bauch liegt und versucht, den Kopf zu heben (was am Anfang ja wahnsinnig anstrengend ist), soll ich ihm die angewinkelten Ärmchen bitte so stützend vor dem Oberkörper positionieren, dass es direkt in korrekter Art und Weise „lernt“, wie es sich aufstützen soll. Wie bitte??? Ich kann doch meinem zwei Monate alten Kind nicht erklären, wie es sich bitteschön angewöhnen soll, die Arme als Stütze zu gebrauchen. Entweder es macht’s oder es macht’s nicht. Oder später. Oder anders.

Meine Entscheidung, den Kurs nicht weiter zu besuchen, fiel ungefähr in der Sitzung, als ich erwähnte, dass wir nicht mit selbst gekochtem Karottenbrei angefangen hatten, sondern ich mit – gekauften – Gläschen begonnen hatte, weil ich keine Lust hatte, mein selbst gekochtes Essen erstmal in großen Mengen wegschmeißen zu müssen. Aber: Gekaufte Gläschen. Sind. Böse.

Außerdem hatte ich das Kind mal auf einer Feier mit abgelutschten, zerkleinerten (= vorgekauten) Kichererbsen gefüttert, die es sehr gut fand. Auch das hab‘ ich in diesem Kurs mal erwähnt. Aber das passte irgendwie nicht in das Konzept „Wir fangen mit 4 Wochen Karottenbrei an. Dann versuchen wir es 4 Wochen mit Kartoffel und danach kommt dann ggf. anderes Gemüse“. Hä??

Krabbelgruppe B (zufällig auch nach Emmi Pikler) (wöchentlich, ca. 6 Monate lang)

Hier war alles viel entspannter. Es gab kein festes „Themenprogramm“ oder Kapitel oder Lehrabschnitte oder was weiß ich. Zufälligerweise haben wir auch weniger als die Hälfte bezahlt für den Kurs als für Krabbelgruppe A. Und wichtig war mir der Kurs deshalb, weil man sich einfach über die aktuellen alltäglichen Schwierigkeiten ausheulen/auskotzen konnte und immer Leidensgenossinnen gefunden hat. Oder weil man den anderen dann auch den ein oder anderen Tipp geben konnte und durfte. Und die Kursleiterin sich sinnvoll eingebracht hat, aber eben auf Augenhöhe. Im Vordergrund stand also: Austausch, Verbündete finden.

Beikostseminar (1 Abend, ca. im 5. Lebensmonat)

Dieses Seminar wollten wir besuchen – mit Kind – und sind kurzfristig wegen Schreierei und Stau nie dort angekommen. Gut so. Es wäre hinaus geworfenes Geld gewesen, denke ich im Nachhinein. Das Kind hatte ohnehin schon angefangen, von unserem Teller zu verlangen, was interessant aussah. Und das, was komplett verboten sein sollte, hatte ich auch schon aufgeschnappt (Spinat wegen Nitratgehalt o.ä.)

…was wir (bewusst) nicht gemacht haben:

Babyschwimmen – ja, gerne soll unser Kind in Sachen Wasser auch mehr als die Badewanne, den Springbrunnen im Park und das Plantschbecken kennen lernen. Aber soll ich mir dafür einen stressigen Vormittag (ohne die Unterstützung vom Mann) antun, an dem ich Essens-/Schlafenszeiten des Kinds darauf abstimmen muss, uns beide in Windeseile umziehen muss (es darf ja nicht zu kalt werden) und in vermutlich ungewöhnlich lauter Schwimmbadatmosphäre mein Kind konzentriert im Wasser halten soll? Habe ich irgendwie nicht eingesehen… Es wird der Zeitpunkt kommen, an dem unsere Tochter auch Schwimmbäder kennen lernt. Das muss nicht unbedingt im ersten Lebensjahr sein, glaube ich.

Musikgarten/Singkreis

Da hätte ich sogar fast noch Lust drauf gehabt… Ist dann aber an meiner Belastungsgrenze gescheitert, da das Thema im Bekanntenkreis aufkam, als ich gerade wieder schwanger war und damit extrem müde. Dann hatten wir mit Krabbelgruppe und sonstigen Kindertreffen irgendwie schon genug Bespaßung und ich dachte mir: Ach nee… muss ja jetzt auch nicht sein und kostet ja auch wieder extra. Letztendlich bin ich sehr froh, das wir das gar nicht erst in Angriff genommen haben, da ich von einigen hörte, wie überflüssig der Kurs für Kinder im Alter von ca. einem Jahr war: Mütter sitzen im Kreis, klatschen und singen, die Kinder flitzen im Raum herum und erkunden die Gegend… interessieren sich für alles – nur eben nicht für die Musik.

Über die Vereinbarkeit von Familie und Hobby

Der Terminus „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“ ist wohl jeder/m geläufig, schon mal untergekommen, vor allem wohl denen, die einen vernünftigen Arbeitgeber haben und/oder mit Gleichstellungsbeauftragten aufgewachsen sind (was auf mich zufälligerweise beides zutrifft). Selbiger (also der o.g. Terminus – ihn jedes Mal auszuschreiben wäre nahezu anstrengend) gestaltet sich momentan für mich folgendermaßen: Ich bin jetzt mal nur für Familienmitglied Nr. 3 da – der Beruf pausiert, dafür krieg ich Elterngeld. Und nächstes Jahr sollte das dann irgendwann bedeuten: Familienmitglied Nr. 3 hat vielleicht hoffentlich womöglich eventuell einen Kitaplatz, ich arbeite wieder, aber weniger als vorher – und mit flexibleren Arbeitszeiten. So schön, so gut (wenn das denn so kommen würde).

Hat sich aber eigentlich schon mal jemand über die „Vereinbarkeit von Famlie und Hobby“ Gedanken gemacht? Ich mein – klar – wenn ein Baby da ist, sind jegliche Bedürfnisse der Mutter erstmal: Nachrangig. Oder sagen wir: Vergiss sie einfach, denn eigene Bedürfnisse GIBT’S jetzt einfach nicht mehr. Schlaf? Zeit für mich? Zeit für Zweisamkeit? Zeit, Freunde zu treffen (die einem regulärem Beruf nachgehen und nur abends verfügbar sind)? Die Haare tragen, wie Du es willst? Oder mal zu einer Zeit essen, wenn Du Hunger hast (und nicht erst zwei Stunden später, wenn der Magen auf halb acht hängt)? Vergiss es. Das wird alles überbewertet… Nunja, oder… viel wichtiger ist ja mal erst, dass das Baby glücklich ist. Sprich: Satt, ausgeschlafen, gewickelt und möglichst nah bei Mama.
So – und dann noch daran zu denken, ein HOBBY zu haben – wie egozentrisch bin ich eigentlich? Ich meine nicht solche Hobbies, wie ab und zu im Netz belanglos durch die Gegend zu schneeballen (von Schneeballprinzip…). Oder Musik hören. Oder ähnliche profane Dinge. Da könnte man ja alle 14 Tage mal überraschenderweise Zeit für finden und diese zuhause und in Gegenwart des Nachwuchses ausüben. Aber so gemeine Beschäftigungen wie: Klettern, Mountainbiken, Reiten… Bei denen das Baby definitiv (noch) nicht mitmachen kann.

Oh… und dann kombinieren wir jene Baby-freien Aktivitäten noch mit „ein Haustier besitzen“… und der Gewissensfrieden ist vollständig dahin. Es wird wohl vielen Müttern so gehen, dass sie gegenüber ihren Hunden, Katzen, Pferden plötzlich ein schlechtes Gewissen haben, weil plötzlich das Kind vorgeht. Habe ich Recht? Ich habe Mütter ihre Pferde abgeben sehen, weil alles nicht mehr unter einen Hut passte. Und ich kann mir gut vorstellen, wie schnell all das zu Depressionen führen kann: Niemandem so ganz gerecht werden können, wie man sich das eigentlich vorstellt. Aber auch, wenn man sich dann gegen das Tier entscheidet: Dann darunter leiden, dass sich plötzlich erst recht nur noch alles um den Nachwuchs dreht und man gar nicht mehr den Kopf frei kriegt, weil man sich nie mal etwas anderem widmet.

Ich habe selbst wahrscheinlich zusammengerechnet schon mehrere Wochen ausschließlich mit Grübeln verbracht (was ich mir vornehmlich für nachts aufhebe), darüber, ob ich dem Tier noch gerecht werde – auch langfristig gesehen. Ob es dem Tier gut geht. Ob es eifersüchtig ist. Ob es krank wird, weil ich mich nicht genug kümmere und nicht mitkriege, wie es MineralstoffmangelBauchschmerzenRückenschmerzenPrellungenVerletzungenVerrenkungenKrätzeRotznase hat. Weil ich es von jemand Fremdem reiten lasse, der nzw. die natürlich niemals alles genau so tut wie ich (logisch, ist ja auch ein anderer Mensch mit anderem Körper, anderer Haltung, anderer Reitausbildung). Schlimm ist das. Also – die Grübelei, nicht an sich das Reiten lassen von jemand anders. Nur nachts eben.

Mich würde mal interessieren, wie es anderen Neu-Müttern damit geht. Mit dieser „Vereinbarkeit von Familie und Hobby“, generell. Und mit Reiterinnen/Pferdebesitzerinnen im Speziellen.
Und: Ist das eigentlich mit der Situation zu vergleichen, wenn man plötzlich ein zweites Kind hat und das erste auch noch bei Laune halten muss?

Ich übe jedenfalls immer wieder: Mir die Zeit nehmen. Ich mein, der Papa ist ja auch noch da, ab und zu. Und wenn ich 24/7 bereit stehe für Familienmitglied Nr. 3, kann ich wohl auch ein paar Mal zwischendurch Ausgang haben, oder? Nur die Tatsache, dass wir ja auch am Wochenende mal „Familienzeit“ zu dritt haben könnten – ich mich aber dann direkt mal für mehrere Stunden aus dem Staub mache – damit komm‘ ich noch nicht so klar. Bin da aber vielleicht auch empfindlich. Oder sagen wir: Eigentlich habe ich permanent irgendwem gegenüber ein schlechtes Gewissen. Damit müsste ich vielleicht mal aufhören.

Das Projekt „Tragen“

oder: Ankommen in dieser Welt

Als vorbildliche Bald-Mama habe ich schon im vierten Schwangerschaftsmonat eine Tragehilfe angeschafft. Wohl wissend, dass ein Tragetuch eigentlich noch viiiiel besser und flexibler ist. Aber auch wohl wissend, dass ich damit sicher nicht klarkommen werde. Oder, naja, dass das mit dem Binden mir schneller auf den Geist gehen würde als dass ich Routine bekäme. Ich fühlte mich gut informiert, habe darum ja auch nicht irgendeine Tragehilfe gekauft – und dachte, dass ich bestimmt total viel auch mit Baby gebacken kriegen werde, weil ich ja beide Hände frei habe.

Dann aber kam alles anders (eigentlich logisch mit Kind, das weiß man aber ja vorher noch nicht…). Das winzige Kind wehrte sich anfangs lauthals gegen das Trageteil. Also eigentlich nicht nur anfangs.

Drinnen ging’s sowieso schon mal gar nicht. Tragen – ja, bitte. Immer. Aber bloß nicht festbinden! Was bedeutet, dass ich mittlerweile echt geübt darin bin, alles in der Wohnung einhändig zu erledigen (- ist aber sch*** anstrengend). Fliegergriff ist sowieso das Nonplusultra. Ich bin sogar mit Kind pinkeln gewesen. Aber das Ergebnis – nicht das des Pinkelns mit Kind sondern das des permanenten Tragens auf einem Arm – war eine beginnende Sehnenscheidenentzündung. Was eine, die sich als Reiterin versteht (wenn auch leider gerade nur in sehr geringer Teilzeit), mal gar nicht gebrauchen kann.

Draußen ging es so lala. Oder sagen wir so: Von fünf Mal tragen im Tragesack waren zwei Mal eine Katastrophe. Das bedeutet: Es endete damit, dass ich das Kind im Fliegergriff auf dem linken Arm den Rest des Weges nach Haus getragen habe. Dabei hatte ich doch überall gelesen „Babies sind Traglinge“, „Bei Schreikindern* hilft Tragen“ und „Ein Säugling sollte so viel wie möglich getragen werden“. Dann macht man sich schon so seine Gedanken. Und googelt „Kind will nicht getragen werden“. Diagnosen und Vorschläge von Experten und anderen Muttis sind solche: Falsches Tragen, falsche Trage, bitte nur Tragetuch, eigene Nervosität, Kiss-Syndrom und Schlimmeres. Mit gesundem Menschenverstand meinte ich, eigentlich alles davon ausschließen zu können. Abgesichert hab ich mich dann durch nochmaliges Googeln (Kiss-Syndrom Symptome, Anleitung Bondolino, Tragehilfen Vergleich [letzteres hatte ich eigentlich schon vor einem Dreivierteljahr mehrfach eingegeben…]). Das mit der eigenen Nervosität lässt sich aber natürlich nie so ganz einschätzen.

Und dann kamen an einem Tag: Ein Erfahrungsbericht bzw. ein treffender Satz einer Freundin über ihre Tochter. Und – meine Mutter zu Besuch. Beide sagten sinngemäß: Natürlich kann und soll keiner ein Baby von acht Wochen versuchen zu erziehen. Aber die Kleinen müssen sich schon auch an ein paar Dinge gewöhnen. Und wenn das geliebte Kind nicht schreit wie am Spieß, sondern mal zehn Minuten ‚rumknöttert, wird sie wohl keine Schmerzen haben. Das Ausschlussprinzip, ob Kind satt, Windel frisch, nicht zu warm, nicht zu kalt natürlich vorausgesetzt.

Also los. Ja – wir also 10 Minuten durch die Wohnung getapert – „Geh mal ruhiger, nicht so schnell“ – „Guck mal, sie ist schon fast ruhig“ – ermunterndes Lächeln – Ruhe. Am nächsten Tag ähnlich, nur 5 Minuten länger – Ruhe. Ich bin baff. Zwei Tage später nochmal. Nach 5 Minuten ist Ruhe, obwohl sie (noch) nicht schläft.

Ich muss eben lernen auszuhalten, dass sie auch mal etwas aushalten muss.

 

*Ich glaube, wir haben kein typisches „Schreikind“ – habe aber bzgl. der 3er-Regel auch nie auf die Uhr geguckt, ob sie tatsächlich SO viel schreit. Meine Nerven sagen aber: Es ist viel. Und ist ja egal, ob Schreikind oder ein Kind, das viel schreit – wenn Tragen helfen soll, wird es wohl bei beiden so sein.

[Leere]

Langweilig. Rumliegen ist langweilig. Rumsitzen nicht ganz so, weil geht eh nicht mehr lange. Rumstehen: Auch langweilig. Rumlaufen: Nicht so langweilig, aber geht auch nicht mehr lange.

Das Telefon klingelt. „Warte, ich kann schon gehen“, sagt der Mann. – – Ich stehe auf, gucke. – – Nee. Keinen Bock, dran zu gehen. Davon, dass Ihr alle zwei Tage anruft, kommt das Kind nicht schneller. Und ich habe nichts mehr zu erzählen. Und WAS BITTE soll ich noch auf die Frage „WIE GEHT ES DIR?“ antworten? Ja. Gut. Danke. Eigentlich war’s selten ganz scheiße. Aber ich hab‘ keine Lust, Euch jedes Wehwehchen auszubreiten. Das ist lächerlich. Mir geht es gut. Ich habe nur keine Lust mehr. Keine Lust mehr, Fragen zu beantworten, wie es denn so geht (s.o.), wie es denn so ist (anstrengend), ob ich mich freue (blöde Frage), was ich so mache (nichts, weil mehr geht kaum) und ob die Namensfrage jetzt geklärt ist (ja, aber darüber spreche ich nicht mehr). Darum gehe ich nicht immer ans Telefon und beantworte SMS und andere Instant Messages (nennt man das noch so?) auch nur noch, wenn mir mal danach ist. Wenn der Humor gerade mal für einen Moment zurück ist. Meistens will ich aber nur sagen: Lasst mich doch in Ruhe. Und dann tut es mir leid, weil es liebe Menschen sind, die es gut meinen, die neugierig sind, interessiert, was so abgeht kurz vor der Geburt. Das ist ja total nett. Aber immer die gleichen Fragen, immer das gleiche Thema – es reicht mir halt einfach. Denn ICH beschäftige mich notgedrungen sowieso permanent damit. Weil’s drückt und zieht und tritt und mich in meiner Beweglichkeit einschränkt. Ich KANN also gar nicht groß anders, als immerzu daran zu denken. Und wahrscheinlich gibt es für die nächsten Wochen und Monate auch immer nur das gleiche Thema, das ist ja das Schlimme. Und dann vermutlich definitiv ohne Langeweile.

„Ja – mach‘ doch was Schönes“ – „Etwas, was Du schon lange mal machen wolltest, als die Freizeit gefehlt hat“. Wenn ich nur KÖNNTE! Jedes Hinsetzen ist schwierig. Jedes Aufstehen ist schwierig. Jedes Lange-auf-den-Beinen-sein aber auch. Jedes Anziehen, Umziehen ist schwierig. Ich habe diese Woche die Holzreste vom abgebauten Hochbett vom 3. Stock in den Keller geschleppt, weil ICH NICHTS ANDERES MEHR ZU TUN HATTE. Das sollte man in Schwangerschaftswoche 39 nicht mehr tun. Aber was sonst? Das Kinderzimmer ist ja nun mal fertig. Das Babybett auch endlich da. Alles, was wir ausmisten konnten, ist ausgemistet. Spülmaschine aus- und wieder eingeräumt. Wäsche gewaschen (Maschine steht im Keller – egal), aufgehängt, gefaltet. Die Kleiderschränke sind erstaunlich voll ausnahmsweise. Trotzdem passt mir keine Hose mehr. Naja, nur noch eine wirklich. Wenn ich also vor die Tür möchte, sollte die eine gewaschen und trocken sein. Eine Hürde mehr. Ja, ich könnte sogar raus gehen, denn diese eine temporäre Lieblingsjeans ist gerade frisch gewaschen und liegt quasi ausgehfertig im Schrank. Aber es ist ganz blödes Wetter. Und Autofahren? Auch nicht mehr soo spaßig. Weil der Sitz die Leistengegend so einengt. Und damit den Kopf meines Kindes. Ja, ist nun mal so.

Ich hoffe gerade ein bisschen darauf, endlich die (voraussichtlich nicht ganz einfache und vermutlich vom Ausmaß eher einer Doktorarbeit gleichende) Masterarbeit meiner lieben Freundin Korrektur lesen zu können – aber die ist wohl noch nicht so ganz fertig. Sonst hätt‘ ich sie ja schon bekommen. Und nachfragen tu‘ ich bestimmt nicht – denn davon kommt sie ja auch nicht schneller.

Reiterinnenmänner

Ich muss manchmal schmunzeln, wenn ich am Stall auf die Männer von anderen Pferdefrauen treffe. Meistens habe ich den Eindruck, Ihr interessiert Euch irgendwie dafür, was Eure Frau so in ihrer Freizeit tut, aber am Stall angekommen, könnt Ihr dann auch nicht mehr viel damit anfangen – oder eben auch nicht mithalten, weil Ihr nun mal mit Pferden nichts am Hut habt und eigentlich lieber in sicherer Entfernung wartet. Und wartet. Und wartet.

Das rechne ich Euch hoch an. Dass Ihr, um irgendwie Freizeit bei und mit der Frau zu verbringen, auch gerne mal drei Stunden weitestgehend untätig (oder: es lebe das Smartphone…) daneben steht. Gleichzeitig frage ich mich aber auch: Wenn Euch doch offensichtlich langweilig ist, warum tut Ihr Euch das überhaupt an? (Aber ist Euch überhaupt langweilig?)

Von manchen weiß ich, sie möchten schon gern Dies und Jenes über den Umgang mit diesem unnahbaren Wesen wissen: Warum ständig Hufe säubern? Warum dieses Eisen im Maul? Und warum legt das Tier die Ohren an, wenn ein anderes aus derselben Herde vorbeikommt – die kennen sich doch?! Aber irgendwann ist dann auch genug. Immer kleine Dosen an Know-How, gerade ausreichend, um mit und – in der Situation ganz real neben – dem Pelztier (über-)leben zu können. Die, bei denen das so läuft, würde ich sporadische Begleiter nennen.

Viel seltener, wohl ungefähr so selten wie Männer, die selbst reiten, sind die regelmäßigen Begleiter. Ich kenne vielleicht zwei bis drei und würde mal behaupten, der Prozentsatz liegt bei maximal fünf (also bei 100 Frauen, die täglich am Stall ‚rumrennen maximal fünf dazugehörige Männer, die regelmäßig dabei sind). Vermutlich haben diese fünf Prozent schon ein bisschen mehr Pferdewissen, womöglich sogar -erfahrung. Dennoch: Selbst aufs Pferd steigen? Eher kein Interesse. Aber das mit dem Hufe auskratzen haben sie schon raus. Und dass ein Strick nie um die Hand gewickelt wird (ist ja auch keine Hundeleine – und sieht auch gleich viel lässiger aus), wissen sie sowieso.

Alle anderen Reiterinnenmänner sind mehr oder weniger dauerhafte Fernbleiber. Die tun sich die Langeweile am Ort es Geschehens gar nicht erst an. Das ist nett, denn ich hätte wohl immer ein schlechtes Gewissen, während ich auf dem Pferd sitze. So habe ich nur ein schlechtes Gewissen, dass ich doch wieder eine halbe Ewigkeit ausgeflogen war, auch wenn ich gesagt habe „Ich mach‘ heut echt nicht viel…“. Unter drei Stunden geht ja selten was. Aber wenigstens könnt Ihr in der Zeit Euren eigenen hedonistischen Beschäftigungen (=Hobbies) nachgehen, bei denen Ihr uns vielleicht auch nicht danebenstehen haben wollt, weil wir den Sinn nicht so richtig verstehen.

Entzaubert.

Leute, bitte lasst das doch mal! Jetzt sprechen wir schon so offen über den Namensfindungsprozess für’s Erstgeborene und lassen Euch an unseren Gedankengängen teilhaben – und Ihr setzt prompt den „Favoriten“ als Namen fest. Das ist Mist. Ehrlich. Von vornherein hätten wir viel deutlicher klar stellen sollen: Wir reden nicht darüber. Aus. Aber das ist ja nicht so einfach. Wir möchten ja auch die Lieben mit einbinden in die schönen Gedankenspinnereien und vorfreudigen Überlegungen. Und gerade den eigenen Eltern am wenigsten dieses Glück vorenthalten. Aber wenn Ihr dann anfangt, unser Kind bereits mit einem festen Namen „anzureden“ – „[name1] kann ja dann auch den Puppenwagen von xy erben“ oder „Das ist schon mal für [name2]“ – dann beengt mich das, dann setzt uns das unter Druck und am allerschlimmsten: Es entzaubert.

Mir scheint, Ihr braucht dieses Den-Namen-schonmal-laut-aussprechen, weil Ihr Euch sonst nicht mit ihm anfreunden könnt. Oder vielleicht möchtet Ihr auch einfach nur den Klang ausprobieren. Das sei Euch gegönnt, ich verstehe das. Aber bitte macht das doch einfach im Stillen. Oder schlicht nicht in meiner Gegenwart. Oder zumindest nicht mit einer Pseudo-Selbstverständlichkeit, indem Ihr einfach den Namen in einen alltäglichen Satz beim Abendessen einbaut. Denn wir haben noch nichts beschlossen! Noch keine Entscheidung gefällt. Und werden es vermutlich bis zur Geburt auch nicht tun. Das habe ich doch auch gesagt. Stattdessen schmunzelt Ihr über meine These: Dass wir schon wissen werden, wie das Kind heißt, sobald es da ist. Ihr nehmt das nicht ernst, stattdessen sinniert Ihr weiter darüber, welcher der genannten Namen am besten zum Nachnamen klingen würde und ob man nicht noch einen zweiten Namen dazu…

Überlasst das doch bitte uns!

Ich habe keine Angst davor, dass jemandem DER Name am Ende nicht gefällt. Das ist nicht mein Problem. Aber mittlerweile habe ich Angst, dass UNS nachher keiner der ursprünglich favorisierten Namen mehr gefällt, weil Ihr sie bereits im Vorhinein abgenutzt habt. Weil Ihr ja so gerne schon mal „so tun wolltet, als ob“. Aber ich kann nur nochmal sagen: Wir werden uns sowieso erst nach der Geburt entscheiden. Und seid unbesorgt: Das Kind wird nicht namenlos bleiben.

Und wenn auch nur einer nachher die Frage stellt „Warum habt Ihr Euch denn nicht für [name1] entschieden?“ – dann könnt Ihr Euch echt an die eigene Nase packen.

Was ich in 34+2 gelernt habe

[Mein Gott, bin ich stolz auf mich: Ich habe das Badezimmer geputzt. Weiß nicht, wann das das letzte mal passiert ist. Aber vorher – unmittelbar nach dem Aufwachen, noch halb darüber sinnierend, dass ich in der Nacht 140 cm Bettbreite dank wirren Träumen und daraus folgendem Hin- und Herwälzen voll ausgenutzt hatte und wie der Mann wohl auf dem Sofa geschlafen hat – strömte mir so einiges an interessanten Gedanken in den Kopf… the following is part of that:]

Also: Was ich in 34+2 gelernt habe

Dass eine Schwangerschaft kein Spaziergang ist. Zu keinem Zeitpunkt.

Dass es bei allen anders ist.

Dass Frauenärzte auch nur Ärzte sind und meistens in Messwerte und Papier mehr Vertrauen setzen als in tatsächliches menschliches Befinden.

Dass „Bauchgefühl“ eine ganz neue Bedeutung bekommen hat. Und dass man es ernst nehmen sollte. Das ist vielleicht sogar die wichtigste Erkenntnis.

Dass mein Blutdruck immer zu hoch ist, wenn er gemessen wird. Sonst nicht.

Dass ich meine Hausärztin lieber mag als meine Frauenärztin. Dabei sollte sie doch meine Verbündete sein…?

Dass eine Erkältung mindestens 2 Wochen braucht um zu verschwinden, wenn man keine Medikamente nimmt.

Ich weiß jetzt, was das Wort Hebammenprotest bedeutet. Aber noch immer nicht so ganz, wie ich sinnvoll damit umgehen kann, ohne meine Skepsis gegenüber dem Protest-Begriff (dazu mehr an anderer Stelle) zu ernst zu nehmen.

Dass Raucher, die 100 Meter vor mir auf dem Bürgersteig gehen, mich verdammt aufregen können – und mich die Straßenseite wechseln lassen.

Ich bewundere Frauen, die das alles schon ein weiteres Mal durchleben und schon einen – oder sogar zwei – Zwerge dabei neben sich rumspringen haben.

Dass dreimalige nächtliche Toilettengänge nicht Inkontinenz bedeuten.

Dass ich glücklicherweise dazu in der Lage bin, Schwangerschaftsbeschwerden reflektiert zu googeln – bedeutet: Ich darf grundsätzlich weiterhin Lakritz essen, reiten, Lachsbrot essen, Kaffee trinken (jaja, nicht alles bedingungslos) und Schmerzen sind nicht gleich Wehen…

Dass die Zeit des gesetzlichen Arbeitsverbots, das sich Mutterschutz nennt, mit 6 Wochen vor Termin ganz schön knapp bemessen ist. Vorher zumindest Teilzeit wäre gesund.

Ich habe jetzt eine Ahnung, warum immer mehr Frauen sich für immer weniger Kinder entscheiden. Dennoch bin ich immernoch davon überzeugt, dass mein Kind kein Einzelkind werden soll (auch wenn ich aus eigener Erfahrung sagen kann, dass das nicht schlimm sein muss).